Kohlenhydrate
sind Polyhydroxycarbonylverbindungen. Sie haben in ihrer offenkettigen
Form, also neben mehreren Hydroxygruppen auch mindestens eine Carbonylgruppe.
Befindet sich diese Carbonylgruppe an einem terminalen C-Atom (Kohlenstoff-Atom)
(Aldehyd), so spricht man von einer Aldose. Befindet sie sich an
einem internen C-Atom (Keton), dann bezeichnet man den Zucker als
Ketose.
Die
Carbonylfunktion ist eine hoch reaktive Funktionelle Gruppe: Zu
nennen sind hier besonders die leichte Oxidierbarkeit zur Carbonsäure,
die Reduktion zum Alkohol und der leichte nukleophile Angriff am
Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe. Durch Oxidationsmittel werden
Kohlenhydrate daher zu Glykonsäuren oxidiert. Dies gilt unter basischen
Bedingungen nicht nur für die Aldosen, sondern auch für die Ketosen,
die durch die Base in einer komplexen Reaktion umgelagert werden
(dabei wird die im Zuge der Keto-Enol-Tautomerie auftretende Aldose
Form stabilisiert).
Beim
Nachweis durch das Fehling-Reagenz wird ein blauer Cu(II)-Weinsäure-Komplex
zu unlöslichem, roten Cu(I)oxid reduziert. Wird die Carbonylfunktion
zur Hydroxygruppe reduziert, erhält man ein so genanntes Alditol.
Durch
intramolekularen nukleophilen Angriff einer der Hydroxygruppen auf
das Carbonylkohlenstoffatom bildet sich ein zyklisches Halbacetal,
welches energetisch meist sehr günstig ist. Hierbei werden überwiegend
Sechsringe (pyranose Form) gebildet, die eine sehr niedrige Ringspannung
aufweisen, es entstehen aber auch in geringerem Maße Fünfringe (furanose
Form). Andere Ringgrößen treten nicht auf, da sie eine zu hohe Ringspannung
aufweisen. Ferner entsteht ein neues Chiralitätszentrum. Die beiden
resultierenden Diastereomere werden mit a und ß bezeichnet.
In
wässriger Lösung bilden a- und ß-pyranose und -furanose Form eine
Gleichgewichtsreaktion miteinander und mit der offenkettigen Form.
Eine wässrige Lösung von reiner a-Glukopyranose wird daher nach
einiger Zeit zu einer Gleichgewichtsmischung aus a- und ß-Glucopyranose
und -furanose (38 % a-Glcp, 62 % ß-Glcp, 0 % a-Glcf, 0,14 % ß-Glcf,
0,002 % offenkettig). Die hierbei messbare Veränderung des Drehwertes
wird als Mutarotation bezeichnet. Während
aliphatische Aldehyde bereits von Luftsauerstoff allmählich zur
Carbonsäure oxidiert werden, sind Kohlenhydrate durch die Acetalbildung
erheblich unempfindlicher, was zweifelsohne für eine so wichtige
Biomolekülklasse von enormer Bedeutung ist.
Von
zentraler Bedeutung in der Kohlenhydratchemie ist ferner die glykosidische
Bindung. Das hierbei gebildete zyklische Vollacetal eines Zuckers
bezeichnet man als Glykosid. Mit Aminen (z.B. in Aminosäuren, Proteinen)
reagiert der offenkettige Aldehyd des Kohlenhydrates über ein Imin
reversibel zum Amadori-Produkt, welches wiederum ebenfalls mit Amin(osäur)en
kondensieren kann und sich irreversibel umlagert: R-NH2 + OHC-CH(OH)-R´
R-N=CH-CH(OH)-R´ (Imin) R-NH-CH2-C(O)-R´ (Amadori-Produkt)
Umlagerungsprodukte:
Diese nichtenzymatische Reaktion erfolgt im Organismus mit Aminosäuren
und Eiweißen relativ häufig und ist einer der zentralen Vorgänge
beim Altern (z.B. Altersflecken), da die Reaktionsprodukte vom Körper
nicht abgebaut werden können. Ferner spielt sie eine wichtige Rolle
bei der thermischen Zubereitung von Lebensmitteln, z.B. beim Braten
und Kochen. Es kommt zu der typischen Bräunung, da sich konjugierte
Ringsysteme bilden, die farbig sind. Diese Produkte der sogenannten
Maillard-Reaktion sind auch für den Geschmack zubereiteter Lebensmittel
entscheidend.
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Autorin
Tamara Kammerlander, © Rainforest Newsletter e.V. Abdruck
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